DI064 Nachrichtenagenturen

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Jakob Lemke hat 15 Jahre in Nachrichtenagenturen gearbeitet. Zunächst war er Büroleiter der Deutschen Presseagentur im Baltikum, dann dpa-Korrespondent in Prag. Bis vor wenigen Tagen hat er im Auslandsressort der dapd in Berlin gearbeitet – bis ihm und rund 100 anderen dapd-Journalisten gekündigt wurde, weil die nach der dpa größte deutsche Nachrichtenagentur Insolvenz angemeldet hat.

Im Medienradio berichtet Jakob, mit dem ich seit 20 Jahren befreundet bin, über Alltag, Arbeit und Krise der Nachrichtenagenturen. Wir sprechen über Twitter, Zeitdruck, Baku, das erodierende Geschäftsmodell und die möglichen Reaktionen auf den Wertverfall der nackten Nachricht.

Nach der Sendung ist uns aufgefallen, dass wir einen Aspekt zu wenig gewürdigt haben: die Idee einer öffentlich-rechtlichen Nachrichtenagentur. Jakob regte an, dieses Modell gar EU-weit aufzuziehen, weil solide recherchierte und aktuelle Nachrichten zur Grundversorgung gehörten, sie aber kaum mehr zu finanzieren seien.

Ich finde diese Idee interessant, weil ich ein großer Anhänger der gebührenfinanzierten Grundversorgung bin, aber denke, dass Träger dieser Idee nicht mehr die Rundfunkanstalten allein sind. Das, was ich als gesellschaftliche Grundversorgung mit Informationen zur politischen Willensbildung bezeichnen würde, kommt immer mehr auch aus anderen Quellen: Blogs, Podcasts und eine Nachrichtenagentur könnte ich mir da auch gut vorstellen. Was denkt Ihr?

10 Kommentare

  1. 8. Dezember 2012 um 03:09 Uhr
    Gabriele_Kaufrausch

    Zu der Idee: Ich würde Grundversorgung nicht verwirklicht sehen, wenn der Staat den Fokus auf die Minimal-Grundversorgung durch die pure Belieferung/ Bombardierung mit Meldungen legt. Das Marktversagen und das Potential für den ÖR Bildungsauftrag liegt in erster Linie bei der qualifizierten, unaufgeregten Auswahl/ Einordnung/ Analyse der vorliegenden Informationen und bei investigativer Recherche. Dieser Teil der Berichterstattung ist für Wirtschaftsunternehmen tendenziell weniger attraktiv.

    Ich würde nicht unruhiger schlafen, wenn zu jedem Thema pro Tag ein paar Agenturmeldungen weniger reinkämen und etwas Entschleunigung stattfände, da manche Meldungen eh nur für Kurzfrist-Börseninvestoren oder politische PR-Aktionen relevant sind. Das wird dann auch vergütet in Ländern, wo diese Bereiche eine größere Rolle spielen (USA z.B.). Kurz: Denke, eine ÖR-Nachrichtenagentur ist nicht notwendig.

  2. “wie hast du dich dann so gefühlt nach der Kündigung” (oder so ähnlich)

    o/ Yeah! Philip Banse, der Johannes B, Kerner des zeitsouveränen Nachhörens!

  3. Sicherlich wäre Agenturarbeit sinnvoller dem Bildungsauftrag entsprechend als Marienhof et al. Wäre übrigens mal ein spannendes Thema für ein MR: Ist der Unterhaltungsauftrag des Ö-R Rundfunks noch zeitgemäß? 🙂

    Aus Deutschland weiss man aber ja auch, dass die politische Unabhängigkeit nicht leicht zu verteidigen ist. Weswegen man nicht zuviel Vertrauen in Ö-R Lösungen haben sollte.

  4. Pingback: Vorhersage Samstag, 08.12.2012 | die Hörsuppe

  5. 8. Dezember 2012 um 20:15 Uhr
    Gabriele_Kaufrausch

    War ein interessantes Gespräch. Danke dafür. Wünsche Herrn Lemke, dass er wieder einen guten Job findet. Vielleicht kommt ja Jana auch mal wieder dazu- wär schön 🙂

  6. 9. Dezember 2012 um 22:47 Uhr
    Joachim Sondermann

    Schon deprimierend, wenn man hört, wie das abgelaufen ist. Tut mir auch leid für den Kollegen Lemke.
    Noch was zur Erläuterung: Was dapd von AP bekam (und was wohl jetzt dpa bekommen wird), ist vor allem der sogenannte Weltdienst, intern v-wire genannt. Das bedeutet: Nachrichten aus aller Welt in englischer Sprache, die von eigenen Korrespondenten der AP in fast allen Ländern der Welt recherchiert und verfasst wurden. Es gibt im Grunde keine umfassendere Quelle für Auslandsnachrichten, selbst wenn die in einigen Fällen etwas US-zentrisch formuliert sind. Es war dann die Aufgabe des Auslandsredakteurs (früher beim deutschen Dienst der AP, dann bei dapd), daraus eine für die Bedürfnisse deutscher Kunden geeignete Version zu stricken.
    Disclaimer: Ich habe 30 Jahre lang für den deutschen Dienst der AP gearbeitet.

  7. Ich bin auf der Suche nach der Nachrichtenagentur, von der Jakob Lemke bei 00:15:36 spricht. “Telemedien aus München”. Kennt jemand den richtigen Namen?

  8. Hallo Christian, dabei handelt es sich um die “Teleschau” (teleschau.de). Freundliche Grüße, Jakob

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